04.10.2018, 12:45 Uhr

Migrationsforscher Koopmans: "Es steht einer liberalen Gesellschaft zu, Integration zu verlangen"

Koopmans und Fleischhacker über die Auswirkungen von Parallelgesellschaften auf das Zusammenleben, den wachsenden Einfluss des fundamentalistischen Islam und darüber, wie viel Anpassung für Integration notwendig ist.

v.l.n.r.: Franz Wolf (ÖIF-Direktor), Susanne Raab (Leiterin Sektion Integration/BMEIA), Migrationsforscher Prof. Ruud Koopmans und Michael Fleischhacker (Chefredakteur der Rechercheplattform Addendum). © Thomas Unterberger/www.superberg.at

Am 2. Oktober 2018 diskutierten der niederländische Migrationsforscher Ruud Koopmans und der österreichische Journalist und Chefredakteur der Rechercheplattform "Addendum" Michael Fleischhacker über Integration und Identität zwischen Multikulturalismus und Assimilation und gingen beim Podiumsgespräch des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) der Frage nach dem Einfluss des Islam auf die Integration sowie möglichen Ansätzen zur Verhinderung von Segregation nach.

"Kulturelle Integration ist Notwendigkeit"

Ruud Koopmans, Professor für Soziologie und Migrationsforschung an der Humboldt-Universität zu Berlin und einer der aktuell meistzitierten europäischen Soziologen, befasst sich bereits seit Jahren intensiv mit den Bedingungen gelungener gesellschaftlicher Integration: "Menschen mit und ohne Migrationshintergrund sollten gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben. Das funktioniert aber nur, wenn sich Zuwanderer an die jeweilige Gesellschaft und ihre geltenden Werte anpassen. Damit meine ich nicht, die völlige Aufgabe der Muttersprache oder Religion, sondern die kulturelle Integration. Kurz gesagt: das Erlernen der Landessprache, die Akzeptanz zentraler Werte wie etwa der Gleichberechtigung von Frau und Mann oder auch der Glaubensfreiheit und die Kontaktpflege mit der Mehrheitsgesellschaft - die über das freundliche Grüßen hinausgeht. Zentral ist es, langfristige Beziehungen zur Mehrheitsgesellschaft und zum Land aufzubauen."

"Streng islamisches Werteverständnis vertieft kulturelle Distanz"

Insbesondere bei Migrant/innen aus Ländern der arabischen Welt sowie des Subsahara-Raums werde das Aufbauen von Beziehungen außerhalb der eigenen Community aufgrund des streng islamischen Werteverständnisses verhindert: "Die Überwindung von kultureller Distanz wird erschwert, wenn man sich streng an islamische Gebote hält. Ein gemeinsames Abendessen mit Nachbarn wird damit fast unmöglich, Begegnungen werden verhindert - man bleibt stattdessen einfach unter sich, auch was Freundschaften und Ehen betrifft. Untersuchungen zeigen, dass nur dann außerhalb der eigenen ethnischen Gruppe geheiratet wird, wenn man entweder demselben Glauben angehört oder generell eine liberale Glaubensauffassung vertritt. Der Islam nimmt hier also eine tragende Rolle ein. Kulturelle Vermischung wird so nicht gefördert, sondern verhindert." Durch diese Abschottung hätten es radikale Hassprediger oft besonders einfach, Menschen zu mobilisieren. Innerhalb der eigenen Gruppe würden die jeweiligen Einstellungen oft nicht hinterfragt. Aufgrund religiöser Tabus und Vorbehalte gegen "Ungläubige" würden gerade Migranten aus konservativ islamischen Kreisen bewusst auf Abstand zu den Einheimischen gehen.

Sozialer Segregation durch klare Anforderungen entgegenwirken

Wenn keine kulturelle Integration in die Mehrheitsgesellschaft stattfindet, blieben Zuwander/innen in ihren Communitys verhaftet, so Koopmans. So könnten sich Parallelgesellschaften entwickeln: "Durch eine solche Abschottung wird sprachliche Integration verhindert und macht Zuwanderer von anderen Mitgliedern ihrer Community abhängig, zum Beispiel, was den Zugang zu Informationen oder auch den Einstieg am Arbeitsmarkt betrifft." Ein zentrales Thema stelle auch die fehlende soziale Integration in die Gesamtgesellschaft dar: "Wenn ich die Sprache nicht kann oder keine Kontakte zu Einheimischen pflege, kann ich nicht teilhaben oder etwas zur Gesellschaft beitragen." Um Parallelgesellschaften zu verhindern, brauche es Angebote wie auch klar formulierte Erwartungen seitens der Mehrheitsgesellschaft: "Geringe Anforderungen und möglichst wenig Druck auf Zuwanderer münden nicht automatisch in gelungener Integration. Verpflichtende Integrations- oder Sprachkurse sind ein Weg um zu vermitteln, welche Werte und Freiheiten gelten und akzeptiert werden müssen, um Teil der Gemeinschaft zu werden. Es steht einer liberalen Gesellschaft zu, das zu verlangen."

ÖIF-Veranstaltungen zu Zusammenleben, Identität und Kultur

Der Österreichische Integrationsfonds thematisiert laufend die gesellschaftlichen Herausforderungen und Entwicklungen zur Integration und die Bedeutung von kulturellen Einflüssen auf das Zusammenleben und lädt dazu auch Wissenschafter/innen sowie Philosoph/innen und Autor/innen zu Podiumsgesprächen und Lesungen. Nächste Termine: Am 6. November 2018 ist der deutsche Schriftsteller und Georg-Büchner-Preisträger Martin Mosebach im Wiener Musikverein zu Gast. Am 4. Dezember 2018 kommt der deutsche Literaturkritiker der Wochenzeitung "Die Zeit" und Autor Ijoma Mangold zu einer Lesung mit einem Podiumsgespräch ins Belvedere 21.

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