11.09.2018, 11:00 Uhr

Susanne Wiesinger bei ÖIF-Diskussion zu Schule und Islam

NMS-Lehrerin Susanne Wiesinger, Journalistin Düzen Tekkal, Religionspädagoge Mouhanad Khorchide und Integrationsbotschafterin Yeliz Kondul diskutierten über Integration an Brennpunktschulen und den Einfluss des politischen Islam.

Susanne Wiesinger bei der ÖIF-Podiumsdiskussion im Mai 2018: "Die Kinder wollen lernen, aber die Bildungsfeindlichkeit, die sie zu Hause erleben, verhindert die Integration. Diese Probleme, die jede Lehrerin und jeder Lehrer kennt, konnten leider lange Zeit nicht offen angesprochen werden."

Journalistin Düzen Tekkal warnt: "Viele stark gläubige Muslime stellen inzwischen religiöse Regeln über das Grundgesetz."

v. l . n. r. ÖIF-Direktor Franz Wolf, NMS-Lehrerin Susanne Wiesinger, Journalistin Düzen Tekkal, ZUSAMMEN:ÖSTERREICH Integrationsbotschafterin Yeliz Kondul, Religionspädagoge Mouhanad Khorchide sowie Moderator und "Die Presse"-Redakteur Köksal Baltaci

Was eine Brennpunktschule ausmacht, welche Probleme bei der Integration von muslimischen Schüler/innen bestehen und welchen Einfluss Bildungsfeindlichkeit und patriarchale Einstellungen auf das Schulleben haben, wurde bei der am 8. Mai 2018 abgehaltenen Podiumsdiskussion „Schule und Islam“ des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) diskutiert. Am Podium sprachen  die NMS-Lehrerin Susanne Wiesinger, Düzen Tekkal, Journalistin und Autorin des Buches „Deutschland ist bedroht. Warum wir unsere Werte verteidigen müssen“, Mouhanad Khorchide, Professor für Islamische Religionspädagogik sowie Yeliz Kondul, Juristin und Integrationsbotschafterin der Initiative ZUSAMMEN:ÖSTERREICH.

Wiesinger: „Bildungsfeindlichkeit wird stärker und verhindert Integration“
Susanne Wiesinger unterrichtet seit 25 Jahren und war lange auch Personalvertreterin. Vor Kurzem ist ihr Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer. Wie der Islam die Schulen verändert.“ erschienen. Die Lehrerin einer Neuen Mittelschule im Wiener Gemeindebezirk Favoriten, berichtete bereits bei der ÖIF-Podiumsdiskussion im Mai, mit welchen Herausforderungen sie sich im Schulalltag konfrontiert sieht: „Die meisten Schülerinnen und Schüler an meiner Schule haben türkischen, bosnischen, tschetschenischen sowie syrischen und afghanischen Migrationshintergrund oder kommen aus Roma-Familien. Was wir in den letzten Jahren bemerkt haben, ist eine zunehmende Bildungsfeindlichkeit. Die liberale Welt, die die Kinder in der Schule erleben, wird von den Eltern zunehmend als Bedrohung wahrgenommen. Kinder dürfen dann immer öfter nicht zu Schulausflügen ins Museum mitgehen oder wollen keine Schulbücher nach Hause nehmen, die ‚haram‘ sind, weil sie zum Bespiel in Biologie nackte Menschen abbilden. Die Kinder wollen lernen, aber die Bildungsfeindlichkeit, die sie zu Hause erleben, verhindert die Integration. Diese Probleme, die jede Lehrerin und jeder Lehrer kennt, konnten leider lange Zeit nicht offen angesprochen werden.“

Tekkal: „Jene, die kritisieren, werden zum Teil des Problems gemacht“

Die deutsche Journalistin Düzen Tekkal, die von der Europäischen Bewegung Deutschlands als „Frau Europas 2018“ ausgezeichnet wird, hat in zahlreichen ihrer Reportagen über Brennpunktschulen mit hohem Migrantenanteil berichtet. „Wir müssen die Probleme, die es bei der Integration mancher muslimischer Schülerinnen und Schülern gibt, ehrlich ansprechen. Dabei muss insbesondere der Einfluss jener Verbände, die einen politischen Islam propagieren, zur Sprache kommen.“ Der Einfluss des politischen Islam sei stark gestiegen und habe Identitätsprobleme verstärkt: „Viele stark gläubige Muslime stellen inzwischen religiöse Regeln über das Grundgesetz.“ Die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt sei deshalb umso dringender: „Wo sind die Narrative, die uns zusammenhalten? Werte wie Selbstbestimmung und Gleichberechtigung – darauf müssen wir stolz sein, diese Werte müssen wir verteidigen!“ Für Tekkal spielen Frauen, insbesondere Mütter, eine zentrale Rolle im Integrationsprozess: „Gelungene Integration bedeutet auch Emanzipation. Frauen stehen oft im Zwiespalt zwischen ihrem Leben zu Hause mit all den patriarchalen Regeln und der neuen, liberalen Gesellschaft, in der sie bestehen müssen. Klar ist auch: Veraltete Denkmuster werden nicht an der Grenze aufgelöst. Man muss den Frauen Werkzeuge in die Hand geben, dass sie es schaffen können! Man muss den Müttern klarmachen: An euch führt kein Weg bei der Bildung eurer Kinder vorbei, ihr müsst mithelfen!“

Khorchide: „Kinder kommen nicht auf die Idee, ein Kopftuch zu tragen“

Mouhanad Khorchide, Religionspädagoge an der Universität Münster, sprach sich für die Stärkung eines europäisch geprägten Islam aus: „Der Islam ist nicht das Problem, sondern manche seiner Auslegungen. Was wir brauchen, ist ein aufgeklärter Islam, der die Wichtigkeit von Bildung vermittelt, der klarmacht, dass die Teilnahme an Schulaktivitäten wichtig ist, der argumentiert, dass die Gesetze des Staates gelten.“ Der Staat habe auch die Aufgabe, parallele Machtdiskurse, die den Zusammenhalt schwächen, zu erkennen und einzudämmen. „Zu lange waren die zentralen Ansprechpartner der Politik Verbände und Vertreter eines politischen Islam“, so Khorchide. Er spricht sich auch klar gegen das Kopftuch in Kindergarten und Volksschule aus: „Kinder kommen in dem Alter nicht auf die Idee, sich ein Kopftuch anzuziehen. Sie denken nicht auf dieser Ebene. Viele Mädchen vertrauen sich mir an, dass sie es nicht tragen wollen. Von Freiwilligkeit kann nicht die Rede sein.“

Kondul: „Viele türkische Mädchen führen ein Doppelleben“

Juristin und Integrationsbotschafterin Yeliz Kondul erzählte von ihren Schulbesuchen im Rahmen der Initiative ZUSAMMEN:ÖSTERREICH: „Man merkt im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, dass Fragen der Identität und Zugehörigkeit insbesondere Mädchen sehr beschäftigen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, zwischen der Welt der Eltern, die von Regeln und Verboten geprägt ist, und jener der Mitschüler zu stehen. Viele türkische Mädchen führen ein Doppelleben. Ich wollte meinen Eltern alles recht machen, war deshalb nicht Teil der Gemeinschaft, weil ich oft nicht mit ins Kino oder etwas trinken gegangen bin.“ Den Schülerinnen rät sie, mit Selbstvertrauen für ihre Wünsche einzutreten: „Ich will mit meiner Geschichte Mut machen und motivieren, Bildung hat mir den Weg geebnet.“

Chatbot öffnen

About Cookies

This website uses cookies. Those have two functions: On the one hand they are providing basic functionality for this website. On the other hand they allow us to improve our content for you by saving and analyzing anonymized user data. You can redraw your consent to using these cookies at any time. Find more information regarding cookies on our Data Protection Declaration and regarding us on the Imprint.

These cookies are needed for a smooth operation of our website.

Name Purpose Lifetime Type Provider
CookieConsent Saves your consent to using cookies. 1 year HTML Website
fe_typo_user Assigns your browser to a session on the server. session HTTP Website

With the help of these cookies we strive to improve our offer for our users. By means of anonymized data of website users we can optimize the user flow. This enables us to improve ads and website content.

Name Purpose Lifetime Type Provider
_ga Used to distinguish users. 2 years HTML Google
_gid Used to distinguish users. 1 day HTML Google
_ga_--container-id-- Persists session state. 1 session HTML Google