Über Schule und Migration
erschienen in Perspektiven Integration 2/2018
Bildung ist nicht Mittel zum Zweck, sie hat Wert in sich selbst. Sie braucht den Raum für freies Denken, Meinungsfreiheit und Demokratie – wie Bildung auch Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie ist. Bildung formt die Persönlichkeit und Identität des Menschen.
In Österreich hat ein Viertel aller Schüler/innen eine andere Umgangssprache als Deutsch. In Wien haben mehr als die Hälfte aller Schüler/innen eine andere Umgangssprache als Deutsch, in den Neuen Mittelschulen und den Polytechnischen Schulen sogar 7 von 10 Schüler/ innen. In sogenannten Brennpunktschulen ist keine ausreichende Durchmischung mehr von Schüler/innen mit und ohne Migrationshintergrund vorhanden. Dieser Umstand führt zunehmend zu einer Reihe von Problemen im Schulalltag, die gezielt neue Ansätze und Maßnahmen erfordern. Künftige Deutschklassen für jene Kinder, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, um dem Unterricht folgen zu können, sollen im kommenden Schuljahr eingeführt werden. Das Regierungsprogramm sieht auch das verpflichtende zweite Kindergartenjahr für jene Kinder vor, die noch nicht ausreichend gut Deutsch sprechen.
Neben mangelnden Deutschkenntnissen sind aber auch Bildungsfeindlichkeit und patriarchale Verhaltensweisen, von Eltern und Schülern oft islamisch begründet, besonders hinderlich für die Integration. Dies trifft nicht nur auf neu zugewanderte, sondern problematischerweise gerade auch auf viele bereits in Österreich geborene Kinder und deren Familien zu. Die Geringschätzung liberaler Werthaltungen und diese neue Form von Bildungsfeindlichkeit stellt Lehrer/innen vor schwer zu überwindende Herausforderungen. Dies zeigt sich an der Ablehnung von Teilen des Biologieunterrichts oder Lerninhalten aus Kunst und Musik, der Verweigerung der Teilnahme an Schulausflügen und dem Sport- und Schwimmunterricht. Religiös motivierte Konflikte gehören mittlerweile zum Schulalltag. Angesichts dieser Entwicklungen sehen sich Lehrer/innen an sogenannten Brennpunktschulen zum Teil kaum mehr im Stande, ihrem Bildungsauftrag ordentlich nachzukommen.
Antworten auf diese Entwicklungen zu finden, ist nicht einfach, Lösungsansätze sind häufig umstritten. Oft scheitert es aber auch bereits am gemeinsamen Problemverständnis. Die aktuelle Ausgabe der Publikationsreihe Perspektiven Integration geht deshalb den Fragen nach, welche Probleme bei der Integration an Schulen bestehen, welchen Einfluss Bildungsfeindlichkeit und patriarchale Einstellungen auf das Schulleben haben und welche konkreten Maßnahmen es für das Überwinden dieser Herausforderungen braucht.