Neuer ÖIF-Forschungsbericht zu Gewalterfahrungen von Frauen mit Migrationshintergrund im Kontext von COVID-19
Zu den Herausforderungen und Gewalterfahrungen von Zuwanderinnen im Kontext von Corona befragte das Forschungsinstitut „abif – analyse. beratung. interdisziplinäre forschung“ im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) Expertinnen aus unterschiedlichen Unterstützungs- und Beratungseinrichtungen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit in direktem Kontakt mit gewaltbetroffenen Zuwanderinnen stehen, etwa Vertreterinnen von Frauenhäusern, Gewaltschutzzentren, Vereinen sowie Frauen- und Migrantenberatungsstellen. Häusliche Gewalt kommt in unterschiedlichen Konstellationen zwischen Männern, Frauen und Kindern vor, die weitaus häufigste Konstellation ist jene eines weiblichen Opfers und eines männlichen Täters. Die Analyse zeigt auf, dass die anhaltende COVID-19-Pandemie Auswirkungen auf die Lebenssituationen von Migrantinnen hat. Die Ergebnisse der qualitativen Expertinnen-Interviews zeigen, dass häusliche Gewalt zugenommen hat bzw. durch beengte Wohnverhältnisse und soziale Isolation verstärkt wurde.
Ausgangsbeschränkungen im Lockdown verstärkten die Isolation von Frauen
Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die Nichtteilnahme am Erwerbsleben ein wesentlicher Faktor für Isolation ist. Je nach Herkunftsländern zeigen sich laut Daten der Statistik Austria große Unterschiede: Etwa die Hälfte der aus der Türkei stammenden Migrantinnen (51%) und fast zwei Drittel (65%) der Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien (außerhalb der EU) nahmen 2019 am Erwerbsleben teil. Am geringsten war die Erwerbsbeteiligung von Frauen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, wo weniger als jede fünfte (17%) im Erwerbsleben stand. Besonders betroffen von Isolation sind laut den Expertinnen Frauen, welche nach ihrer Migration in Österreich keine oder nur geringe Kontakte außerhalb der Familie haben. Die Ausgangsbeschränkungen in der ersten Jahreshälfte 2020 verstärkten auch diese Tendenzen in Gewaltbeziehungen.
Pandemie erschwert Ausbrechen aus Gewaltbeziehungen
Die COVID-19-Pandemie stellt laut Expertinnen ein zusätzliches Hindernis für das Ausbrechen aus Gewaltbeziehungen und die Inanspruchnahme von Unterstützung dar. Durch die Einschränkungen im öffentlichen Leben reduzierten sich für viele betroffenen Frauen die Außenkontakte stark, etwa durch den Wegfall von Besuchen von Deutschkursen oder der persönlichen Inanspruchnahme von Beratungs- oder Unterstützungsangeboten. Die Expertinnen sehen unter anderem verpflichtende Deutschkurse sowie die persönliche Anwesenheit der Frauen bei Behördenwegen und Terminen als geeignete Maßnahmen gegen die Isolation von Frauen an. Auch den ÖIF-Schwerpunktberatungen für asyl- und subsidiär Schutzberechtigte wird in der Analyse hohes integratives Potenzial beigemessen.
Mangelnde Sprachkenntnisse als Barriere bei Beratungen
Eine zentrale Hürde zur Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten sind mangelnde Deutschkenntnisse. Kürzlich nach Österreich gekommene Frauen sind mit diesen Herausforderungen am stärksten konfrontiert. Zudem ist eine gewisse Verschärfung der Sprachbarrieren durch den Ausbruch der COVID-19-Pandemie und die hiermit verbundenen Ausgangsbeschränkungen eingetreten, da Frauen mit mangelnden Sprachkenntnissen in Fernberatungen häufig noch größere Probleme haben, als im persönlichen Austausch. Dies gilt nicht nur für die telefonische, sondern vor allem auch für die schriftbasierte Beratung via E-Mail oder Chat. Die COVID-19-Pandemie hat nach Einschätzung der Expertinnen – unabhängig von migrationsbezogenen Merkmalen – zu Rückschritten im Bereich der Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung der Frau geführt. Der Wegfall von Kinderbetreuungseinrichtungen und des Präsenzunterrichts an Schulen ging mit einer Erhöhung der Belastung für Eltern – vielfach der Mütter – einher, die nicht nur eine ganztägige Betreuung, sondern beispielsweise auch Hausaufgabenhilfe leisten mussten.
ÖIF-Forschungsbericht downloaden
Der Forschungsbericht zu „Gewalterfahrungen von Frauen mit Migrationshintergrund im Kontext von Corona“ wurde durch das Forschungsinstitut „abif“ im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) erstellt. Die zentralen Ergebnisse des Berichts finden Sie hier: www.integrationsfonds.at/mediathek
ÖIF-Schwerpunktmonat zur Stärkung und Förderung von Mädchen und Frauen
Der März steht beim ÖIF im Zeichen der Stärkung und Förderung von Mädchen und Frauen: Vom 1. bis 31. März bietet der ÖIF ein breit gefächertes Angebot an fachspezifischen Seminaren für Frauen, Männer und Multiplikator/innen, Integrationskursen, Podiumsdiskussionen mit Expert/innen sowie Onlineschulbesuche der Initiative ZUSAMMEN:ÖSTERREICH an. Eine Übersicht aller Angebote finden Sie hier: www.integrationsfonds.at/programm
Umfassendes digitales ÖIF-Lernangebot
Auf www.sprachportal.at, der Online-Plattform des Österreichischen Integrationsfonds, stehen zahlreiche kostenlose Lehr- und Lernmaterialien, Arbeitsblätter, interaktive Übungen, Lernvideos, Podcasts und Hörbeiträge zur Verfügung, um selbstständig Deutsch üben und erworbene Sprachkenntnisse vertiefen zu können. Auch die interaktive Prüfungsvorbereitung ist über die Plattform möglich. Deutschlernende finden eine breite Auswahl an Online-Tests und Musterprüfungen für unterschiedliche Sprachniveaus. Zudem finden sich auf dem Sprachportal zahlreiche Onlinekurse mit zertifizierten Trainer/innen für die Sprachniveaus A1 bis B1.