08.07.2023

Situation vertriebener Ukrainerinnen in Österreich: Rückkehrabsichten schwinden; Lebenszufriedenheit steigt mit Deutschkenntnissen

Befragung im Auftrag des ÖIF: 86 Prozent der vertriebenen Ukrainerinnen fühlen sich in Österreich gut aufgenommen; rund ein Drittel ist bereits in den Job eingestiegen

Im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) wurden im Frühsommer 2022 erstmals vertriebene Frauen aus der Ukraine vom Österreichischen Institut für Familienforschung der Universität Wien zu ihrer Lebenssituation sowie ihren Zukunftsplänen in Österreich befragt. 90 Prozent der Befragten fühlten sich damals sehr gut versorgt und brachten ein beachtliches berufliches Qualifikationsniveau mit. Rund 18 Monate nach Kriegsausbruch in der Ukraine, liegen nun im Sommer 2023 weitere, aktuelle Ergebnisse zur Situation ukrainischer Frauen in Österreich im Forschungsbericht „Ukraine-Vertriebene in Österreich ein Jahr nach Kriegsbeginn. Folgeerhebung zur Situation der Ukrainerinnen“ vor.

Arbeit und Beruf: Erwerbsbereitschaft weiterhin sehr hoch; ein Drittel bereits im Job
Die Erwerbsbereitschaft ist grundsätzlich weiterhin hoch: In Österreich ist ein gutes Drittel (34 %) der Befragten bereits in Jobs eingestiegen: Am häufigsten als Reinigungskraft (31 %), im Gastgewerbe (14 %), Bildungsbereich (9 %) und Handel/Vertrieb sowie auch im Verkauf (je 8 %) und im Gesundheitsbereich (7 %). Arbeitsuchende Ukrainerinnen suchen eine Beschäftigung in den Bereichen Büro (46 %), Sozial- (41 %) und Verwaltungsbereich (36 %), Gastgewerbe (29 %) sowie je rund ein Viertel im Bildungsbereich und Gesundheitssektor. Rund 56% der Frauen, die aktuell noch nicht erwerbstätig sind, sind auf Arbeitssuche. Ein Viertel der Frauen, die bisher noch keine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben, suchen auch aktuell keine Arbeit. Gründe dafür sind, dass sie zuerst noch ihre Deutschkenntnisse weiter ausbauen möchten (82 %); ein Drittel möchte die eigenen Kinder noch eine Weile selbst betreuen und ein Viertel muss zuerst noch Ausbildungen entsprechend anerkennen lassen; fast die Hälfte (46 %) plant dies aktuell.

Bildung: Fast drei Viertel bringen Hochschulabschluss mit
Das Bildungsniveau der Befragten ist, wie auch schon 2022 festgestellt, grundsätzlich sehr hoch: Fast drei Viertel (73 %) der Frauen können einen Hochschulabschluss vorweisen, weitere 10 % haben ihre Hochschulausbildung (noch) nicht abgeschlossen. 13 % haben einen Sekundarstufenabschluss. Fasst man Berufsausbildung und -erfahrung zusammen, werden am häufigsten die Bereiche Büro (25 %), Finanz (24 %), Bildung (23 %), Handel/Vertrieb (21 %) sowie Verkauf und Verwaltung (je 20 %), genannt. Nach Alter zeigt sich, dass die jüngste Altersgruppe (18-25 Jahre) deutlich häufiger mit Berufsausbildungen im Gesundheitsbereich (19 %) und die älteste mit Berufserfahrung im Bildungsbereich (26 %) vertreten sind (41-55 Jahre).

Sprachkenntnisse: Über 30 Prozent befragter Frauen versteht Deutsch bereits sehr gut
Über 35 %geben an, dass sie die deutsche Sprache bereits gut verstehen, jedoch beim Sprechen weiteren Lernbedarf haben; 10 %geben an bereits selbst gut Deutsch zu sprechen. Fast 45 %geben an, Deutsch schon teilweise zu verstehen, sich jedoch noch nicht ausreichend selbst ausdrücken zu können. Auswertungen aus ÖIF-geförderten Deutschkursen zeigen, dass Ukrainer/innen überdurchschnittlich gut bei Integrationsprüfungen abschneiden: 2022 bestanden 77% der ukrainischen Vertriebenen beim ersten Antritt Integrationsprüfungen auf A2 und 86% auf B1-Niveau; diese Ergebnisse liegen 30 bis 50 Prozentpunkte über den Werten der größten Flüchtlingsgruppen Syrien und Afghanistan.

Zukunftspläne: Deutschkenntnisse entscheidend für Zufriedenheit in Österreich
Befragt nach ihrer Lebenszufriedenheit zeigt sich, dass die befragten Frauen umso zufriedener sind, je besser ihre Deutschkenntnisse sind: Über die Hälfte (66 %) der Frauen, die ihre Deutschkenntnisse als „hoch“ einschätzen, waren sehr oder eher zufrieden mit ihrem Leben in Österreich. Bei vertriebenen Frauen, die angeben noch keine Deutschkenntnisse zu haben („gar nicht“), waren nur 37% zufrieden mit ihrem Leben hierzulande. Konkrete Pläne zur Rückkehr in die Ukraine haben im Vergleich zum Vorjahr (2022: 30 %) nur noch 13 Prozent der Befragten, wobei nur ein Bruchteil (1%) dies für die nächsten Wochen plant. Konkretere Pläne Familienmitglieder nachzuholen, gibt es nicht im großen Ausmaß, wobei der Wunsch, die eigenen Eltern nach Österreich zu holen, gegenüber 2022 erkennbar angestiegen ist. Am ehesten planen die vertriebenen Frauen ihre Mutter (12 %), ihre Geschwister (6 %) und ihren Vater (5 %) nach Österreich zu holen.

Methodik: Folgestudie "Ukraine-Vertriebene in Österreich, ein Jahr nach Kriegsbeginn. Folgeerhebung zur Situation der Ukrainerinnen"
Die Studie „Ukraine-Vertriebene in Österreich ein Jahr nach Kriegsbeginn. Folgeerhebung zur Situation der Ukrainerinnen“ des Österreichischen Familienforschungsinstituts der Universität Wien wurde im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) durchgeführt. Im März und April 2023 wurden über 1.000 ukrainische, vertriebene Frauen online befragt. Die Umfrage steht hier zum kostenlos zum Download zur Verfügung. Um wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zur Lebenssituation von ukrainischen Vertriebenen in Österreich strukturiert zu erheben, kooperieren der ÖIF und das Bundesministerium für Inneres (BMI) in der Erhebung der Daten.

ÖIF-Unterstützungsangebote für Vertriebene aus der Ukraine
Um Vertriebene aus der Ukraine zu unterstützen, bietet der ÖIF österreichweit laufend Beratungen, Orientierungskurse und Austauschtreffen an. Ein breites Angebot an Deutschlernmöglichkeiten, von Deutschkursen über zahlreiche Online-Deutschlernmaßnahmen, hilft beim Spracherwerb.

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